Wäh­rend sich Netz­po­li­tik und „Zivil­ge­sell­schaft“ noch in sym­bol­haf­ten Dis­kus­sio­nen an der Richt­li­nie zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung abar­bei­ten, schafft das BMI ein­fach Fak­ten und legt dem Bun­des­ka­bi­nett eine gesetz­li­che Ergän­zung des TKG vor, die eine neue elek­tro­ni­sche Schnitt­stel­le zur Abfra­ge von Kun­den­da­ten ein­füh­ren will. Und kaum jemand scheint es zu bemer­ken. Kommt damit das „Quick“ jetzt ohne das „Free­ze“? Ein Kom­men­tar zum Dokument.

Wäh­rend

wäh­rend all die­ses unse­re Auf­merk­sam­keit bean­sprucht und man­che vor lau­ter recht­schaf­fe­ner, vor­rats­da­ten­spei­che­rungs­ab­leh­nen­der Empö­rung gar nicht mehr wis­sen, wohin mit ihren Gefüh­len – was pas­siert da? Das Bun­des­ka­bi­nett schafft zwi­schen­zeit­lich ein­fach schon mal neue Fak­ten in Sachen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung. Und das vor­aus­sicht­lich schon mor­gen – und dann sicher­lich mit allen Stim­men der FDP – auch der von unse­rer so stand­haf­ten Justizministerin:

Wäh­rend also vie­le noch davon träu­men, man könn­te bei der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung die Büch­se der Pan­do­ra ein­fach so wie­der schlie­ßen, will das Bun­des­mi­nis­te­ri­um des Inne­ren (BMI) ganz offen­sicht­lich die vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt vor­ge­ge­be­ne, not­wen­di­ge Anpas­sung des § 113 TKG zur Bestands­da­ten­aus­kunft gleich mal dazu nut­zen,  klamm­heim­lich ers­te Fak­ten zu schaf­fen. Qua­si das „Quick“ schon mal vor dem „Free­ze“ ein­füh­ren. Aus Sicht des BMI sogar ver­ständ­lich: Denn irgend­wie muss es ja aus Sicht der Sicher­heits­be­hör­den selbst dann wei­ter­ge­hen, wenn sich die Jus­tiz­mi­nis­te­rin poli­tisch ver­rannt hat und des­halb kei­ne rechts­kon­for­men, eige­nen Vor­schlä­ge vorlegt.

Der Vor­schlag: Ein neu­er Abs. 5 im § 113 TKG soll eine elek­tro­ni­sche Schnitt­stel­le zur Bestands­da­ten­ab­fra­ge ein­füh­ren. Und ein neu­er § 100j StPO soll den Anspruch auch auf dyna­mi­sche IP-Adres­sen aus­deh­nen, die „zu einem bestimm­ten Zeit­punkt“ zuge­wie­sen waren. So jeden­falls steht es hier in die­sem Ent­wurf: 2012–09-26_BR_Gesetzesentwurf_Bestandsdatenauskunft

Was bedeu­tet das?

Zusätz­lich zur bis­he­ri­gen manu­el­len Abfra­ge sol­len die Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men gezwun­gen wer­den, in eine elek­tro­ni­sche Schnitt­stel­le zu inves­tie­ren, die von zahl­rei­chen Diens­ten künf­tig als der „Quick-But­ton“ gedrückt wer­den kann. Ohne rich­ter­li­che Aus­kunft oder vor­he­ri­ger Kon­trol­le – aber zu Las­ten der betrof­fe­nen Unter­neh­men, denen die Ver­ant­wor­tung zuge­scho­ben wird – kön­nen dann nicht nur „near time“ alle vor­han­de­nen Bestands­da­ten im Sin­ne von „wel­chem Kun­den gehört eine Ruf­num­mer oder IP-Adres­se“, son­dern eben auch PUKs für Han­dys, Pass­wör­ter für die Cloud und vie­le ande­ren schö­nen Sachen ganz leicht, easy und ohne Kon­trol­le abge­fragt werden.

Von den Netz­po­li­ti­kern hat das bis­lang offen­sicht­lich kei­ner bemerkt. Und die selbst­er­nann­te Zivil­ge­sell­schaft in Form von „Digi­ta­ler Gesell­schaft“ und Co. kämpft lie­ber fürs „Grund­recht auf anony­mes WLAN-Sur­fen“ (oder war es doch nur die Stö­rer­haf­tung?). Nur so „böse Lob­by­is­ten­ver­bän­de“ wie der VATM haben sich dar­über bei der Bun­des­re­gie­rung beschwert. Und das völ­lig zu Recht! Denn wenn das der Preis ist, den wir für die kru­de Idee des „Quick Free­ze“ bezah­len sol­len, erscheint er mir zu hoch. Es bewahr­hei­tet sich dann näm­lich, was ich schon vor mehr als einem Jahr als „Wolf im Schafs­pelz“ bezeich­net habe. Wenn das am Ende wirk­lich so käme, dann könn­te die­ses im Ergeb­nis deut­lich schlim­mer wir­ken, als eine begrenz­te Umset­zung der Richt­li­nie zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung gewirkt hätte.

Aber, wahr­schein­lich sehe ich das ganz falsch und der Gesetz­ent­wurf rauscht gar nicht mor­gen durchs Kabi­nett, ist ganz anders und völ­lig in Ord­nung und ich male nur wie­der schwarz und bin viel zu kri­tisch mit allem…