header-logo

csunet

 

 

Lie­be Netz­po­li­ti­ke­rin­nen und Netz­po­li­ti­ker von CDU und CSU,

lie­ber Freun­de von CNetz und CSUnet,

es ist gera­de ein­mal vier Mona­te her, da hat­tet Ihr doch „netz­po­li­ti­sche Wahl­prüf­stei­ne“ beschlos­sen. Da stan­den ambi­tio­nier­te The­sen drin, die ich per­sön­lich zum Teil sehr rich­tig und wich­tig fand – min­des­tens aber OK, wenn ich mir manch­mal auch mehr vor­stel­len konn­te.

Hier zum Beispiel:

1. Deutsch­land braucht einen Staats­mi­nis­ter für Internet

2. Der Bun­des­tag bil­det einen Aus­schuss für Inter­net und digi­ta­le Gesellschaft

Und was macht ihr nun, gera­de ein­mal vier Mona­te spä­ter? Jetzt begin­nen Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen mit der SPD. Über eine gro­ße Koali­ti­on, die vie­le Nach­tei­le haben wird. Beson­ders dort, wo man sich nicht einigt, weil es kei­ne Oppo­si­ti­on gibt, die stark genug sein wird, Bewe­gung in Par­la­ment und Regie­rung zu erzwin­gen. Aber, der Wäh­ler hat nun mal so gewählt und will das mehr­heit­lich schein­bar auch wirk­lich so. Viel­leicht, weil er meint, dass die Stär­ke der Regie­rungs­mehr­heit eben auch die Chan­ce bie­tet, poli­ti­sche For­de­run­gen sehr ein­fach in prak­ti­sche Poli­tik umzu­set­zen. Jeden­falls da, wo Einig­keit zwi­schen den Koali­ti­ons­par­tei­en besteht.

Aber, was macht Ihr, lie­be netz­po­li­ti­sche Kol­le­gen in der Uni­on? Wollt Ihr ernst­haft mit For­de­run­gen in die Ver­hand­lun­gen star­ten, die hin­ter denen zurück­blei­ben, über die wir uns doch schon mal einig waren? Dach­te ich jeden­falls – gera­de auch mit Blick auf die ein­stim­mi­gen Beschlüs­se der Enquete-Kommission.

Jetzt lese ich hier aber nur noch:

Vorschläge für die Digitalisierungspolitik in der 18. WP

1) Die Strategie für Deutschland

  • Ver­netz­te Digi­ta­li­sie­rungs­stra­te­gie für Deutsch­land ent­wi­ckeln und umsetzen:
  • Bestehen­de Stra­te­gien zusammenführen
  • Föde­ra­le Auf­ga­ben­tei­lung stärken
  • Digi­ta­les Weiß­buch verfassen
  • Stär­ke­re Bün­de­lung der Kom­pe­ten­zen und Zustän­dig­kei­ten für The­men der Digi­ta­li­sie­rung in Regie­rung und Parlament:
  • Funk­ti­on einer/s Beauftragte/n für Digi­ta­li­sie­rung schaf­fen und als zusätz­li­che St-Funk­ti­on in einem Bun­des­mi­nis­te­ri­um (z.B. BMI oder BMWi) verankern.
  • Regie­rungs­kom­pe­tenz im Par­la­ment ent­spre­chend spie­geln z.B. als Unter­aus­schuss des Innen- oder Wirtschaftsausschusses.
  • Digi­ta­li­sie­rungs­po­li­tik auf EU- und inter­na­tio­na­ler Ebe­ne gebün­delt ver­tre­ten, z.B. Brüs­se­ler Büro für Digi­ta­li­sie­rung einrichten.

2) Förderung des digitalen Zugangs

  • Aus­bau der digi­ta­len Infra­struk­tur, denn flä­chen­de­cken­de, leis­tungs­fä­hi­ge Breit­band­net­ze sind maß­geb­li­che Erfolgs­fak­to­ren für die digi­ta­le Wirt­schaft und gesell­schaft­li­che Teil­ha­be am Digitalisierungsprozess:
  • Breit­band­aus­bau vor­ran­gig durch pri­va­te, eigen­wirt­schaft­li­che und wett­be­werbs­of­fe­ne Inves­ti­tio­nen realisieren.
  • Aus­bau durch den Markt durch För­der­pro­gram­me flan­kie­ren, um Wirt­schaft­lich­keits­lü­cken zu schlie­ßen und Anrei­ze zu geben.
  • am Tech­no­lo­gie­mix festhalten
  • Netz­neu­tra­li­tät gewähr­leis­ten: Fai­ren Zugang zum Netz und Gleich­be­hand­lung von Daten­pa­ke­ten durch gesetz­li­che Regu­lie­run­gen (Anpas­sung TKG, ggf. Umset­zung EU-Vor­ga­ben) oder durch eine Ver­ord­nung absichern.
  • Medi­en­kom­pe­tenz för­dern: Durch breit ange­leg­te Auf­klä­rungs- und Bil­dungs­pro­gram­me sowie durch flä­chen­de­cken­de IKT-Aus­stat­tung an Schu­len, Uni­ver­si­tä­ten und sons­ti­gen Bil­dungs­ein­rich­tun­gen vorantreiben.
  • Offe­ne IT-Stan­dards för­dern und Inter­ope­ra­bi­li­tät sicher­stel­len, um wirt­schaft­lich-tech­ni­sche Unab­hän­gig­keit Deutsch­lands zu erhal­ten, Inno­va­tio­nen und Wett­be­werb zu för­dern und Wahl­frei­heit für Kon­su­men­ten zu gewährleisten.
  • Poten­tia­le von offe­nen WLAN Netz­wer­ken durch gesetz­li­che Rege­lun­gen erschlie­ßen (Schaf­fung von Rechts­si­cher­heit, Haftungsbegrenzung)

3) Stärkung von IT- und Cybersicherheit

  • Cyber-Sicher­heits­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung wei­ter umset­zen und fortschreiben
  • IT-Sicher­heits­ge­setz mit Fokus auf kri­ti­sche Infra­struk­tu­ren und Mel­de­pflicht für schwe­re Vor­fäl­le verabschieden.
  • IT-Sicher­heits­wirt­schaft in Deutsch­land stär­ken (z.B. durch Forschungsprogramm)
  • IT-Sicher­heit von Regie­rungs- und Ver­wal­tungs­net­zen stär­ken und kon­so­li­die­ren (Staat als Vor­bild für Wirtschaft)
  • Recht­li­che und fak­ti­sche Mög­lich­kei­ten von deut­schen Sicher­heits­be­hör­den ausbauen.
  • Auf­klä­rung von Unter­neh­men und Bür­gern bei IT-und Cyber­si­cher­heit stär­ken sowie Mit­tel­stand bei Auf­bau einer siche­ren IT-Infra­struk­tur unter­stüt­zen (z.B. För­der­pro­gramm für KMUs, Schaf­fung von Standards)

4) Ausbau der digitalen Souveränität von Wirtschaft und Verwaltung

  • Hand­lungs- und Steue­rungs­fä­hig­keit im Bereich Digi­ta­li­sie­rung durch Know-how Aus­bau inner­halb Poli­tik und Ver­wal­tung, durch öffent­li­che und pri­va­te Koope­ra­tio­nen sowie durch dau­er­haf­te Eta­blie­rung von Think Tanks erweitern.
  • Wirt­schaft­li­che Ent­wick­lun­gen wie Indus­trie 4.0, Cloud Com­pu­ting, Big Data durch För­der- und For­schungs­pro­gram­me flankieren.
  • Star­tups in der Grün­dungs- und Wachs­tums­pha­se ent­las­ten (betr. Wag­nis­ka­pi­tal­fonds, Finan­zie­rung von Ven­ture-Kapi­tal-Fonds etc.)
  • Ver­schlüs­sel­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und kryp­to­gra­fi­sche Sys­te­me durch Koope­ra­tio­nen mit der Wirt­schaft aus­bau­en (DE-Mail, elD-Funk­tio­nen etc.)
  • Deutsch­land als digi­ta­les Kul­tur­land stär­ken, z.B. Digi­ta­li­sie­rung im Bereich Biblio­the­ken vor­an­trei­ben (Deut­sche Digi­ta­le Bibliothek)
  • Hoch­qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te gewin­nen: Bestehen­de Maß­nah­men und Initia­ti­ven zur För­de­rung des IT-Fach­kräf­te­man­gels auf ihre Wirk­sam­keit hin eva­lu­ie­ren und wir­kungs­vol­le Initia­ti­ven fördern.

5) Modernisierung von Datenschutz und –sicherheit

  • Reform des Daten­schut­zes auf EU-Ebe­ne durch deut­sche Vor­schlä­ge gestal­ten und Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung der EU zeit­nah verabschieden.
  • Inter­na­tio­na­le Stan­dards für Daten­schutz und –sicher­heit schaf­fen: Schutz der Per­sön­lich­keits­rech­te im Netz kon­kre­ti­sie­ren und auf natio­na­ler wie inter­na­tio­na­ler Ebe­ne geeig­ne­te Schutz­me­cha­nis­men ent­wi­ckeln sowie Ver­ein­ba­run­gen treffen.
  • For­schung und Ent­wick­lung mit Blick auf tech­nisch-orga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men des Daten­schut­zes ausbauen.
  • Auf­klä­rung von Unter­neh­men und Bür­gern ver­stär­ken sowie Anrei­ze zur Nut­zung von Ver­schlüs­se­lung zum Schutz vor unbe­rech­tig­ten Zugrif­fen auf Daten geben.

6) Stärkung von E‑Government und Transparenz

  • E‑Go­vernment-Gesetz umsetzen
  • Föde­ra­le Zusam­men­ar­beit von Kom­mu­nen, Län­dern, Bund bei der IT-Steue­rung kon­se­quent aus­bau­en (IT-Pla­nungs­rat) und ent­spre­chen­de recht­li­che wie finan­zi­el­le Spiel­räu­me schaffen.
  • Staat­li­che Leis­tun­gen mit hohem Nut­zen für Bür­ger und Unter­neh­men voll­stän­dig digitalisieren
  • Elek­tro­ni­sche Pro­zes­se zwi­schen Staat und Wirt­schaft aus­bau­en und Unter­neh­men stär­ker von Büro­kra­tie­kos­ten entlasten.
  • Open-Data-Akti­vi­tä­ten aus­bau­en, um mehr Trans­pa­renz der Ver­wal­tung und des Staa­tes zu schaffen.

7) Fortschreibung des Urheberrechts

  • Inter­es­sens­aus­gleich zwi­schen Urhe­bern, Ver­wer­tern und Nut­zern gesetz­lich umset­zen und Dia­log z.B. durch einen Con­tent-Gip­fel fördern
  • Schran­ken­re­ge­lun­gen sys­te­ma­ti­sie­ren, u.a. ein­heit­li­che Wis­sen­schafts­schran­ke schaffen.

(…)

Sorry, aber waren wir nicht schon mal weiter?

Wenn ich zudem lese, dass Tho­mas Jar­zom­bek gegen­über Heise.de den ent­täu­schen­den Inhalt des Posi­ti­ons­pa­piers damit erklärt, dass ihn die „die mitt­ler­wei­le abge­ge­be­nen Emp­feh­lun­gen sei­ner Par­tei­kol­le­gen“ nicht „begeis­tern“ wür­den und er auch nicht selbst an der Gesprächs­run­de hät­te teil­neh­men kön­nen; zudem „sich in dem Papier offen­bar füh­ren­de CDU-Rechts­po­li­ti­ker weit­ge­hend durch­ge­setzt“ hät­ten, „die kein gro­ßes Inter­es­se an einem wei­te­ren Haupt­aus­schuss hät­ten“, dann reicht mir das per­sön­lich und poli­tisch als Erklä­rung nicht aus. Denn eigent­lich dach­te ich, dass es auch in der Uni­on die Netz­po­li­ti­ker sind, die in Sachen Inter­net zumin­dest auf Fach­ebe­ne die Vor­la­gen für den Ein­stieg in Ver­hand­lun­gen lie­fern. Das ist jeden­falls bei der SPD so.

Wenn es hin­ter­her in Ver­hand­lungs­run­den auf höhe­rer Ebe­ne und in Streit­fra­gen ande­re Ent­schei­dun­gen und Prio­ri­tä­ten geben kann, die im Ergeb­nis den Exper­ten einer Frak­ti­on nicht pas­sen: Geschenkt! Dass Ihr, lie­be CNetz und CSUn­et, aber ernst­haft nicht die Mehr­heit in Eurem eige­nen Gesprächs­kreis hät­tet, kann ich Euch nicht wirk­lich abneh­men. Oder, steht Ihr ein­fach gar nicht zu Euren eige­nen Beschlüs­sen der jün­ge­ren Ver­gan­gen­heit? Dann aller­dings könn­te es schwie­rig wer­den mit den Verhandlungen.

Klar kann man, wie es Mar­kus Becke­dahl in vor­her­seh­ba­rem Reflex auch schon mal gemacht hat, ver­su­chen, der SPD selbst die Ver­ant­wor­tung für die „unter­am­bi­tio­nier­ten“ Posi­tio­nen der CDU/CSU in die Schu­he zu schie­ben. Nur ist das natür­lich Unsinn, denn bei „Fachthe­men“ wie eben Netz­po­li­tik, ist es immer der Grö­ße­re der Koali­ti­ons­part­ner, der Punk­te strei­tig stel­len und damit die Unter­kan­te eines inhalt­li­chen Kom­pro­mis­ses bestim­men kann. Weil anders als „Min­dest­lohn“ oder „Spit­zen­steu­er­satz“ ist Netz­po­li­tik eben (noch) kein zen­tra­les Poli­tik­feld, an dem eine Koali­ti­on schei­tern wür­de – bei kei­ner Frak­ti­on! Wäre es nicht bei den Grü­nen, wo Mal­te Spitz gera­de den Bun­des­vor­stand ver­las­sen hat, oder auch nicht bei den Linken.

Freun­de, wir waren doch schon mal wei­ter! Daher aber habe ich ja noch Hoff­nung, dass Doro­thee Bär, Tho­mas Jar­zom­bek, Peter Tau­ber und ihre Mit­strei­ter sich in Sachen Inter­net doch noch etwas ambi­tio­nier­ter für die Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen auf­stel­len wer­den. Denn, allein einen der hoch­ge­schätz­ten Kol­le­gen in eini­gen Mona­ten als Par­la­men­ta­ri­schen Staats­se­kre­tär in irgend­ei­nem Minis­te­ri­um ver­ei­digt zu sehen, wäre mir jeden­falls zu wenig. Und auch für den Betref­fen­den nicht wirk­lich poli­tisch erstre­bens­wert, denn ohne ent­spre­chen­den per­so­nel­len und inhalt­li­chen „Unter­bau“ wird er/sie in so einem Amt wenig gewin­nen kön­nen. Weder für sich selbst, noch für das Thema.

In die­sem Sinne:

Bes­te Grü­ße und viel Erfolg dabei!

Jan Möni­kes