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Schnelligkeit zu Lasten der Gründlichkeit – Einigung beim NetzDG hat negative Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit

Ber­lin – 27.06.2017: Die am Frei­tag von den Koali­ti­ons­frak­tio­nen ver­kün­de­te Eini­gung über das Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz (NetzDG) beinhal­tet nach Ansicht des hin­ter der Dekla­ra­ti­on für Mei­nungs­frei­heit ste­hen­den Bünd­nis­ses wei­ter­hin ekla­tan­te Män­gel und wird die Mei­nungs­frei­heit ein­schrän­ken. Das hin­ter der Dekla­ra­ti­on für Mei­nungs­frei­heit ste­hen­de Bünd­nis mit zahl­rei­chen zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen, Ver­bän­den und Rechts­exper­ten rich­tet einen letz­ten Appell an die Gro­ße Koali­ti­on, das frag­wür­di­ge NetzDG mit Aus­nah­me der Pflicht zu inlän­di­schen Zustel­lungs­be­voll­mäch­tig­ten nicht zu verabschieden.

Neuer §201a StGB bleibt Risiko für PR und Öffentlichkeitsarbeit

Die Abge­ord­ne­ten der Regie­rungs­ko­ali­ti­on haben sich auf Ände­run­gen des Gesetz­ent­wur­fes des BMJV ver­stän­digt. Die­se wer­den vor­aus­sicht­lich bereits die­sen Don­ners­tag im Bun­des­tag als Gesetz beschlos­sen. Die von Beginn an sehr breit als über­zo­gen kri­ti­sier­te Aus­wei­tung des §201a StGB dürf­te lei­der auch nach den beschlos­se­nen Ände­run­gen gera­de auch für Pro­fis in PR und Öffent­lich­keits­ar­beit erheb­li­che Risi­ken einer Straf­ver­fol­gung aus­lö­sen. Die berech­tig­te Kri­tik fand nur unzu­rei­chen­de Berück­sich­ti­gung. Die neue Fas­sung des Geset­zes wird hier kurz vorgestellt.

Leider peinlich: Referentenentwurf des BMJV gegen Pornographie und Cybermobbing

Die geplan­te Neu­re­ge­lung des § 201 a StGB kann zu erheb­li­chen Ein­schrän­kun­gen der Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit füh­ren, wird dem Schutz der wirk­li­chen Opfer von Cyber­mob­bing in der Pra­xis aber nicht hel­fen. Dass die­ser recht­lich und poli­ti­sche Vor­schlag aus­ge­rech­net aus dem SPD-geführ­ten Jus­tiz­res­sort kommt, ist für einen Sozi­al­de­mo­kra­ten „lei­der peinlich“.

Wer dahin geht, wo entsprechende Presse ist, muss entsprechende Presse dulden…

Die Teil­nah­me an einem zeit­ge­schicht­lich bedeu­ten­den Ereig­nis führt dazu, dass die damit zusam­men­hän­gen­de öffent­li­che Erör­te­rung gedul­det wer­den muss, soweit sie an die Teil­nah­me an der Ver­an­stal­tung und an bereits bekann­te Tat­sa­chen aus der Sozi­al­sphä­re anknüpft. Die Bild­be­richt­erstat­tung dazu kann nach dem abge­stuf­ten Schutz­kon­zept der §§ 22, 23 Kunst­UrhG eben­falls ohne Zustim­mung der Betrof­fe­nen gerecht­fer­tigt sein.

Ungepixelte Prozessbilder trotz sitzungspolizeilicher Einschränkung zulässig

In auf­sehenser­re­gen­den Pro­zes­sen beschrän­ken Gerich­te häu­fig die Bericht­erstat­tung aus dem Gerichts­saal. Die­se „sit­zungs­po­li­zei­li­chen“ Anord­nun­gen kön­nen jedoch das Recht zur Bild­be­richt­erstat­tung nicht wei­ter ein­schrän­ken, als es nach dem Gesetz zuläs­sig ist. Ins­be­son­de­re bei Urteils­ver­kün­dung kann das Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se den Per­sön­lich­keits­schutz überwiegen.

Der Feuilleton und die Jura

Heri­bert Prantl pol­tert in der SZ vom 29.09.2010 über den „Dr. jur. absurd“ und unter­stellt dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt (BVerfG), es habe einem „rechts ange­sie­del­tem alten“ Pro­fes­sor und des­sen „revi­sio­nis­ti­schen“ The­sen „qua­si“ einen „Anspruch gege­ben, im Deutsch­land Archiv der Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung ver­öf­fent­licht“ zu wer­den, „im angeb­li­chen Inter­es­se der Mei­nungs­frei­heit“ und meint damit die Ent­schei­dung des BVerfG vom 17.08.2010. Dr. Gre­gor Wett­berg ana­ly­siert: „Mit Ver­laub, aber das ist „qua­si“ Unsinn.“