Während sich Netzpolitik und „Zivilgesellschaft“ noch in symbolhaften Diskussionen an der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung abarbeiten, schafft das BMI einfach Fakten und legt dem Bundeskabinett eine gesetzliche Ergänzung des TKG vor, die eine neue elektronische Schnittstelle zur Abfrage von Kundendaten einführen will. Und kaum jemand scheint es zu bemerken. Kommt damit das „Quick“ jetzt ohne das „Freeze“? Ein Kommentar zum Dokument.
Vorratsdatenspeicherung: Stand der Debatte
Seit einigen Tagen wird ein Musterantrag des Gesprächskreises Netzpolitik der SPD zur Vorratsdatenspeicherung breit diskutiert. Ihm wird unterstellt, dass er eine flächendeckende Überwachung des Internetverkehrs und des Kommunikationsverhaltens der Bürger einführen wolle. Der Gesprächkreis fordere angeblich, bis an die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Grenzen oder sogar darüber hinaus zu gehen. Dieses aber ist genauso falsch, wie der Eindruck, der im Rahmen dieser Kritik erzeugt wird: Das es bezogen auf die Vorratsdatenspeicherung aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes in Deutschland überhaupt keiner politischen Diskussion bedürfe, „wie“ die Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in Deutschland aussehen soll und sich die Diskussion innerhalb der SPD daher allein auf das „ob“ beschränken könnte. Das das BMJ mit Vorlage seines Gesetzentwurfes im Juni 2011 die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung wieder eröffnet hat, würde eine solche Vogel-Strauß-Taktik aber der für die kommende politische Auseinandersetzung dringend notwendigen Orientierung der Partei schaden, so dass dringender Bedarf zur Klarstellung und Standortbestimmung besteht.
Erste Eindrücke vom Quick-Freeze-Diskussionsentwurf
Aus dem Hause von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), an der sich laut WELT „schon einige Kollegen die Zähne ausgebissen“ hätten, endlich den lang angekündigten Diskussionsentwurf zur Vorratsdatenspeicherung gibt, einschließlich einer Konkretisierung ihrer Ideen zu „Quick-Freeze“. Dem Interessierten und kundigen Leser und insbesondere den Kollegen aber möchte ich als Feiertagslektüre ebenfalls nicht den Text der wesentlichen Änderungen vorenthalten, den ich nachfolgend dokumentiere.
Quick Freeze – der Wolf im Schafspelz
So sehr man verstehen kann, dass Frau Leutheusser-Schnarrenberger nicht wieder von einem Ministeramt zurücktreten will, weil ihr persönlich aufrichtiges Bemühen um den Erhalt bürgerlicher Freiheiten keine Mehrheit in ihrer Regierungskoalition findet: Mit ihrem Eckpunktepapier und dem darin vorgestellten Konzept des „Quick Freeze plus“ tut sie ihrer Sache und der Diskussion um Grenzen der Überwachung des Internet im Ergebnis leider keinen Gefallen. Lachender Dritter dürften die Befürworter einer möglichst weitgehenden Vorratsdatenspeicherung sein. Aber nicht nur diesbezüglich erweist sich ihr Eckpunktepapier als „Wolf im Schafspelz“. Eine erste, sehr kritische Analyse.