Nach Türck, Tauss und Benais­sa – jetzt Kachel­mann: Den Staats­an­wäl­ten feh­len in Deutsch­land kla­re Regeln für ihre Infor­ma­ti­ons­po­li­tik. Die angeb­lich „objek­tivs­te Behör­de der Welt“ betreibt immer öfter zu Las­ten pro­mi­nen­ter Ver­däch­ti­ger eine akti­ve Öffent­lich­keits­ar­beit und bedient dafür das über­schäu­men­de Inter­es­se der (Bou­le­vard-) Medi­en mit feins­tem Fut­ter. Die plau­dern­den Spre­cher betrei­ben dabei – bewußt oder unbe­wußt – schlicht „Liti­ga­ti­on-PR“ und wer­ben um Akzep­tanz der Öffent­lich­keit für die Ent­schei­dun­gen der Staats­an­walt­schaft, z.B. für Ermitt­lun­gen und U‑Haft. Eine Kate­go­rie der Straf­pro­zess­ord­nung oder des Straf­rech­tes ist die­ses jedoch nicht. Denn nicht die Medi­en, son­dern allein das Gericht ist beru­fen, über den Fall zu ent­schei­den. Bis dahin gilt die Unschulds­ver­mu­tung. Der Scha­den, den die pres­se­recht­lich pri­vi­le­gier­te Behör­de für den Betrof­fe­nen aber schon bis zu einer Ankla­ge­er­he­bung damit anrich­tet, geht oft weit über das hin­aus, was die Straf­an­dro­hung für sei­ne vor­geb­li­che Tat über­haupt umfasst. Auf der Stre­cke bleibt damit nicht nur die Unschulds­ver­mu­tung. Die­se neue Art der „Öffent­lich­keits­ar­beit“ der Staats­an­walt­schaf­ten droht viel­mehr immer mehr zu einer will­kür­li­chen Waf­fe zu wer­den – gera­de bei heik­len Ver­däch­ti­gun­gen und gegen bekann­te Namen. Ein uner­träg­li­cher Zustand für die Betrof­fe­nen, aber auch für den Rechts­staat, dem drin­gend mit kla­ren Regeln für die Pres­se­ar­beit der Staats­an­walt­schaf­ten begeg­net wer­den muß.

Die Staats­an­walt­schaft hat den bekann­ten Fern­seh­mo­de­ra­tor Jörg Kachel­mann am Wochen­en­de in Unter­su­chungs­haft genom­men. Sei­ne angeb­lich lang­jäh­ri­ge Freun­din wirft ihm vor, dass er sie nach einem Bezie­hungs­streit ver­ge­wal­tigt habe. Er sei danach abge­reist, sie zur Poli­zei und zum Arzt gegan­gen. Die Ermitt­ler in Mann­heim glau­ben ihr und ein Rich­ter auch: Laut Haft­be­fehl steht Kachel­mann unter dem drin­gen­dem Tat­ver­dacht der Ver­ge­wal­ti­gung. Als Haft­grund wird Flucht­ge­fahr ange­ge­ben, da der Schwei­zer in Deutsch­land kei­nen fes­ten Wohn­sitz hat.

Ob eine U‑Haft in sei­nem Fal­le wirk­lich nötig ist, ob tat­säch­lich eine Bezie­hungs­tat vor­liegt oder mög­li­cher­wei­se (viel­leicht aus ent­täusch­ter Lie­be?) ledig­lich eine Straf­tat vor­ge­täuscht wird, hat die Jus­tiz mög­lichst schnell zu klä­ren. Denn auch eine fal­sche Anzei­ge ist zumin­dest denk­bar – gera­de in brü­chi­gen Bezie­hun­gen. Bis dahin ist inso­weit (lei­der) alles nor­mal und das Ver­hal­ten der Staats­an­walt­schaft ver­mut­lich auch nicht zu bean­stan­den. Bis am Mon­tag BILD die Sto­ry ganz Deutsch­land erzählt…

Was danach kommt, wird inzwi­schen in Deutsch­land lei­der auch schon zur Nor­ma­li­tät: Der Beschul­dig­te kann sich nicht äußern, da er in Haft sitzt und am wenigs­ten rea­li­siert, was ihm gera­de wider­fährt. Sei­ne Anwäl­te äußern sich, wenn auch recht zurück­hal­tend, da sie sich erst ein­mal einen Über­blick ver­schaf­fen müs­sen. Aber sie plä­die­ren ent­schie­den für die Unschulds­ver­mu­tung. Was soll­ten Sie in die­ser Situa­ti­on denn sonst auch tun!

Wie aber reagiert die Staats­an­walt­schaft? Die angeb­lich „objek­tivs­te Behör­de der Welt“ bedient das über­schäu­men­de Inter­es­se der (Bou­le­vard-) Medi­en mit bes­tem Fut­ter und plau­dert mun­ter drauf­los: Bereits jetzt, nur 48 Stun­den nach dem BILD-Bericht, sind es rund 2.000 Pres­se­be­rich­te, die man allein schon über Goog­le News zu dem „Fall Kachel­mann“ fin­den kann. Rund 300 ent­hal­ten wört­li­che Zita­te von Andre­as Gross­mann, dem Spre­cher der zustän­di­gen Staats­an­walt­schaft Mann­heim. Man muss nicht all­zu viel von Kom­mu­ni­ka­ti­on ver­ste­hen, um zu ahnen, wie sei­ne Äuße­run­gen bei den Lesern wir­ken, selbst wenn man­ches davon im O‑Ton wahr­schein­lich wirk­lich ledig­lich als all­ge­mei­ne Erläu­te­rung der Rechts­la­ge gemeint war:

Zu den weni­gen Wor­ten der Erklä­run­gen Kachel­manns und sei­ner Ver­tei­di­ger erwi­dert danach Gross­mann „es besteht eine hohe Wahr­schein­lich­keit, dass die Anga­ben der Frau stim­men“. Die Frau sei aus­führ­lich ver­nom­men wor­den. „Sowohl die Poli­zei als auch das Gericht schät­zen ihre Aus­sa­ge als glaub­haft ein“. – Siehs­te, der Kachel­mann lügt. Zu der gerichts­me­di­zi­ni­schen Unter­su­chung der Anzei­ge­er­stat­te­rin wol­le man zwar kei­ne Aus­kunft geben. Wird dann aber doch getan: Übli­cher­wei­se sei es so, dass Poli­zei oder Staats­an­walt­schaft die Gerichts­me­di­zin beauf­tra­gen kön­ne, wenn der Ver­dacht auf eine Tat bestehe. -Also, er wars! War­um Kachel­mann in Unter­su­chungs­haft sit­ze? Wegen  Flucht­ge­fahr, aber vor allem auch auf­grund des mög­li­chen Straf­ma­ßes. „Für Ver­ge­wal­ti­gung dro­hen zwei bis 15 Jah­re“, so Gross­mann. –  So schlimm ist der Kachel­mann! Außer­dem kom­me hin­zu, dass der Schwei­zer in Deutsch­land kei­nen fes­ten Wohn­sitz habe. – Klar, Schweiz. Polan­ski. Steu­er­hin­ter­zie­her. Ken­nen wir ja. Muss man direkt weg­sper­ren. Ver­mut­lich, so Gross­mann, wäre aber ange­sichts der Höhe des mög­li­chen Straf­ma­ßes auch dann ein Haft­be­fehl aus­ge­stellt wor­den, wenn ein Ver­däch­ti­ger einen fes­ten Wohn­sitz in der Regi­on habe. – Genau, direkt weg­sper­ren sol­che Ver­ge­wal­ti­ger. (http://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,685263,00.html)  Heu­te habe Kachel­mann umfas­send vor dem Haft­rich­ter aus­ge­sagt. Und „er bestrei­tet die Ver­ge­wal­ti­gung“, sag­te Gross­mann. – Unmög­lich! Noch schlim­mer: „Er hat sich vor­be­hal­ten, wei­te­re Beweis­an­trä­ge zu stel­len und einen neu­en Haft­prü­fungs­ter­min zu bean­tra­gen“ - Was der sich raus­nimmt! Aber, Gross­mann beru­higt: „Wir schät­zen die Aus­sa­gen der Frau als glaub­haft ein.“ Es bestehe ein drin­gen­der Tat­ver­dacht. – Gott sein Dank, muss man sich kei­ne Sor­gen machen, dass der Kachel­mann noch mal raus­kommt und am Ende bei uns vor der Tür steht. (http://satundkabel.magnus.de/medien/artikel/update-kachelmann-staatsanwalt-sieht-weiter-dringenden-tatverdacht.html)

Vor fast genau einem Jahr, im März 2009, hat­ten die Ermitt­lungs­be­hör­den bei Jörg Tauss für ähn­lich kri­ti­sche Schlag­zei­len wie jetzt gesorgt. Im April 2009 dann erneut bei der Ver­haf­tung der Pop­sän­ge­rin Nad­ja Benais­sa von der Grup­pe No Angels. Die Par­al­le­len zwi­schen dem „Fall Kachel­mann“ und der stig­ma­ti­sie­ren­de Ankla­ge gegen Andre­as Türck vor eini­gen Jah­ren (http://www.bildblog.de/die-verlorene-ehre-des-andreas-tuerck/) fal­len vie­len Jour­na­lis­ten dies­mal auch sofort auf. Und auch, dass sich kei­ner der Genann­ten bis­lang vom Ver­dacht durch die Ermitt­lun­gen und den von einer mit­tei­lungs­be­dürf­ti­gen Staats­an­walt­schaft ver­ur­sach­ten oder min­des­tens beför­der­ten media­len Vor­ver­ur­tei­lung bis­lang je wie­der erholt hat. Selbst Türk nicht, der längst frei­ge­spro­chen ist. Jost Mül­ler-Neu­hof bringt das Pro­blem in einem Kom­men­tar im Tages­spie­gel auf den Punkt:

„Den Staats­an­wäl­ten hier zu Lan­de feh­len kla­re Regeln für ihre Infor­ma­ti­ons­po­li­tik. Also machen sie sich wel­che selbst.

Dazu gehört die wach­sen­de Über­zeu­gung, anders­lau­ten­den Über­zeu­gun­gen zur Fra­ge der Schuld öffent­lich ent­ge­gen­tre­ten zu müs­sen. Wenn Kachel­manns Anwäl­te ihren Man­dan­ten ver­tei­di­gen und erklä­ren, an den Vor­wür­fen sei nichts dran, ist das ihr und Kachel­manns gutes Recht. Über ihm schwebt ein schlim­mer Ver­dacht, das Ver­fah­ren kann sei­ne Kar­rie­re zer­stö­ren und viel­leicht noch mehr. Ermitt­ler haben ihre Infor­ma­tio­nen in die­sem Sta­di­um des Ver­fah­rens zu beschrän­ken; sie müs­sen der Öffent­lich­keit nicht auf­nö­ti­gen, wie sehr sie von ihrem Ver­dacht über­zeugt sind, wel­che Bewei­se es dafür gibt. Sie müs­sen sich nicht recht­fer­ti­gen und so die frag­wür­di­ge Vor­ab­dis­kus­si­on um Schuld und Stra­fe vor­an­trei­ben. Sie sind in der stär­ke­ren Posi­ti­on.“ http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/auf-den-punkt/Joerg-Kachelmann;art15890,3065620

Denn, anders, als etwa beim Ver­dacht einer Steu­er­hin­ter­zie­hung, bewirkt bei bestimm­ten Taten schon die öffent­li­che Ver­däch­ti­gung die Gefahr einer sofor­ti­gen Voll­zie­hung der öffent­li­chen Stra­fe einer sozia­len Äch­tung durch die Medi­en. Eine straf­recht­li­che Kate­go­rie darf die­ses jedoch nicht werden.

Die Medi­en kön­nen selbst nur begrenzt dage­gen­steu­ern: ers­tens gilt das „Behör­den­pri­vi­leg“, das es jeder­mann gestat­tet, behörd­li­che Infor­ma­tio­nen unge­prüft wei­ter­zu­ver­brei­ten und zwei­tens: Selbst wenn Medi­en skep­tisch sind und sich bewusst mit ihrer Bericht­erstat­tung zurück­hal­ten, kann ihnen das kri­tisch aus­ge­legt wer­den. So hat sich im Fall Kachel­mann bei­spiels­wei­se aus­ge­rech­net der Lan­des­vor­sit­zen­der der Ver­ei­ni­gung der Opfer des Sta­li­nis­mus, zugleich Mit­glied im Rund­funk­rat, wegen der aus­blei­ben­den Bericht­erstat­tung im MDR zu Kachel­mann sogar schon offi­zi­ell beschwert. http://www.welt.de/vermischtes/article6905146/Streit-wegen-Berichterstattung-ueber-Kachelmann.html Es bleibt ihnen damit nur, mög­lichst sach­kun­dig und zurück­hal­tend Mit­tei­lun­gen der Ermitt­lungs­be­hör­den zu über­neh­men und ggfs. mit gesun­der Skep­sis zu kom­men­tie­ren. Den Scha­den von vorn­her­ein für einen falsch Ver­däch­tig­ten, der in der Öffent­lich­keit steht,  nach­hal­tig zu begren­zen, kann dage­gen nur gelin­gen, wenn die Staats­an­walt­schaft mög­lichst scho­nend kommuniziert.

Das, was die Staats­an­walt­schaft jetzt dage­gen im Fall Kachel­mann in einer für den Betrof­fe­nen schäd­li­cher Wei­se betreibt, eben­so wie im letz­ten Jahr im Fal­le von Jörg Tauss und Nad­ja Benais­sa, ist dage­gen nichts ande­res als neu­deutsch „Liti­ga­ti­on PR“. Wahr­schein­lich aus Sor­ge vor dem Druck einer öffent­li­chen Mei­nung, die auf Ermitt­lun­gen oder gar Ver­haf­tung eines Pro­mi­nen­ten skep­ti­scher reagiert, als beim „Weg­schlie­ßen“ eines klein­kri­mi­nel­len Dea­lers, betrei­ben sie akti­ve Öffent­lich­keits­ar­beit zur Recht­fer­ti­gung ihrer Ent­schei­dung. Die betref­fen­den Staats­an­wäl­te „wer­ben“ gleich­sam um öffent­li­che Zustim­mung für ihre Ent­schei­dung, Kachel­mann in U‑Haft genom­men zu haben. Sie tun es ent­we­der bewusst, in vol­lem Bewusst­sein des Scha­dens für die Unschulds­ver­mu­tung, oder unbe­wusst, weil sie es bes­ser ein­fach nicht kön­nen. Egal wie, bei­des ist uner­träg­lich: Die Betrof­fe­nen (die nach unse­rem REchts­sys­tem eigent­lich bis zur gericht­li­chen Ent­z­schei­dung als unschul­dig gel­ten sol­len!) ver­lie­ren ihr Anse­hen und damit zugleich auch die Grund­la­ge ihrer (beruf­li­chen) Exis­tenz. Und wegen ihrer Pro­mi­nenz kön­nen sie – anders als unbe­kann­te­re Ver­däch­ti­ge – dem auch künf­tig nicht durch Aus­wei­chen begegnen.

Mit sol­cher „Öffent­lich­keits­ar­beit“ erwei­sen Pres­se­spre­cher von Staats­an­walt­schaf­ten aber auch dem Rechts­staat ins­ge­samt einen Bären­dienst. Denn in Mann­heim belegt die Staats­an­walt­schaft erneut, dass sie mit dem gro­ßen öffent­li­chen Ver­trau­en, das jeder staats­an­walt­li­chen Ver­laut­ba­rung unwei­ger­lich ent­ge­gen gebracht wird, nicht ange­mes­sen umge­hen kann. Alles, was die Ermitt­ler sagen wiegt grund­sätz­lich schwer. Auch und gera­de, wenn sie einer kon­kre­ten Fra­ge von Jour­na­lis­ten mit all­ge­mei­nen Ant­wor­ten durch Zita­te aus den Vor­schrif­ten aus­wei­chen wol­len. Schon wegen des pres­se­recht­li­chen Behör­den­pri­vi­legs ist es für einen Beschul­dig­ten aber schier uner­träg­lich, wenn Staats­an­wäl­te zwang­los (am Tele­fon) mit Jour­na­lis­ten plau­dern und sich zu jedem Ver­fah­rens­stand über die Pres­se kom­men­tie­rend zu Wort mel­den. Denn, selbst wenn sie in der Sache nicht gera­de Sinn­vol­les erzäh­len soll­ten, wird der Ver­tei­di­ger sich im lau­fen­den Ver­fah­ren nicht mit den Mit­teln des Äuße­rungs­rechts gegen den betref­fen­den Spre­cher der Staats­an­walt­schaft weh­ren und die­ses meist auch nicht mit Erfolg gegen das Medi­um kön­nen, das sol­che recht­lich pri­vi­le­gier­ten Vor­ver­ur­tei­lun­gen verbreitet.

Daher soll­te statt­des­sen gel­ten: Je grö­ßer das Inter­es­se der Öffent­lich­keit an einem Fall, umso behut­sa­mer soll­ten die behörd­li­chen Spre­cher das berech­ti­ge Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit nur bedie­nen dür­fen. Und soweit es den Fähig­kei­ten des jewei­li­gen Pres­se­spre­chers ange­mes­se­ner ist, viel­leicht sogar nur schrift­lich und im Wege von offi­zi­el­len Pres­se­mit­tei­lun­gen auf Anfra­gen reagie­ren. Sol­che Mel­dun­gen könn­ten in vie­len Fäl­len sogar mit der Ver­tei­di­gung abge­stimmt wer­den – auch um ein „Auf­schau­keln“ von Pres­se­state­ments zu vermeiden.

Dem Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit wür­de man jeden­falls auch so genü­gen. Zudem wäre gewähr­leis­tet, dass die Spre­cher der Staats­an­walt­schaft nach­träg­lich doku­men­tie­ren kön­nen, was sie tat­säch­lich ver­laut­bart haben und was dage­gen „nur“ ein fal­scher Bericht der Medi­en ist. Dem Betrof­fe­nen wür­de damit zugleich auch der Weg eröff­net wer­den, sich mit den nor­ma­len Mit­teln des Pres­se­rechts gegen die Ver­brei­tung fal­scher Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen erfolg­rei­cher weh­ren zu kön­nen, da es den Medi­en ver­wehrt wäre, sich auf angeb­li­che behörd­li­che Äuße­run­gen zu berufen.

Ger­ne beruft sich die Staats­an­walt­schaft – wie beson­ders im Fall Tauss – dar­auf, dass sie ja an dem Inter­es­se der Medi­en gar kei­ne Schuld hät­ten, son­dern ledig­lich auf die Nach­fra­gen der Pres­se hät­ten reagie­ren müs­sen. Dar­aus wäre dann ein „Tsu­na­mi“ ent­stan­den, den sie nicht mehr haben beherr­schen kön­nen. Eige­ne Feh­ler in der Kom­mu­ni­ka­ti­on wären, wenn über­haupt, dann nur Feh­ler in der „B‑Note“ und für den Betrof­fe­nen jeden­falls straf­pro­zes­su­al unbeachtlich.

Ganz gene­rell erscheint es daher äußerst frag­lich, ob gera­de bei gesell­schaft­lich stark tabui­sier­ten Tat­be­stän­den, wie denen in den genann­ten Bei­spie­len, beim Ver­dacht gegen Pro­mi­nen­te der Staats­an­walt­schaft über­haupt noch eine (re-) akti­ve Pres­se­ar­beit gestat­tet wer­den soll­te, wenn sie anschlie­ßend nur noch damit beschäf­tigt ist, den selbst ent­fach­ten „Tsu­na­mi“ zu füt­tern. Dies ist nicht pro­fes­sio­nell, son­dern hilf­los. Und auch nicht unter dem Aspekt der kom­mu­ni­ka­ti­ven „Waf­fen­gleich­heit“ gegen­über der Ver­tei­di­gung des Beschul­dig­ten gebo­ten. Denn in sol­chen Fäl­len wird weder der Ver­däch­ti­ge noch sein Anwalt die Öffent­lich­keit suchen, um selbst „Liti­ga­ti­on-PR“ zu betreiben.

Die Regie­run­gen in allen Län­dern, not­falls der Gesetz­ge­ber, ist jeden­falls ange­sichts der Häu­fung und Wie­der­ho­lung die­ser Vor­gän­ge drin­gend auf­ge­ru­fen, neue Gren­zen für die Öffent­lich­keits­ar­beit von Staats­an­walt­schaf­ten zu defi­nie­ren. Die Öffent­lich­keits­ar­beit der Spre­cher der Ermitt­lungs­be­hör­den ist sowohl zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren, als auch zugleich in ein für den Betrof­fe­nen Per­so­nen oder Unter­neh­men auch recht­lich sehr viel über­prüf­ba­re­ren Rah­men zu über­füh­ren. Ansons­ten droht die „Öffent­lich­keits­ar­beit“ der Staats­an­walt­schaf­ten immer stär­ker zu einer will­kür­li­chen Waf­fe gera­de bei heik­len Ver­däch­ti­gun­gen gegen bekann­te Namen zu wer­den und beson­ders dort schlim­me­re Fol­gen für die Betrof­fe­nen zu haben, als es die Straf­an­dro­hung des Geset­zes eigent­lich vorsieht.