In Reak­ti­on auf die Ver­ab­schie­dung des Netz­werk-durch­set­zungs­ge­set­zes (NetzDG) durch das Bun­des­ka­bi­nett am 5. April 2017 habe auch ich die fol­gen­de Erklä­rung mitgezeichnet:

Mei­nungs­frei­heit hat einen essen­ti­el­len und unab­ding­ba­ren Stel­len­wert in einer von demo­kra­ti­schen Wer­ten gepräg­ten Gesell­schaft. Das Grund­recht der Mei­nungs­frei­heit ist als Teil der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­frei­hei­ten wie auch die Pres­se- und die Rund­funk­frei­heit in beson­de­rem Maße geschützt. Das Recht auf Mei­nungs­frei­heit fin­det sei­ne Gren­zen erst dort, wo die Rech­te und die Wür­de ande­rer ver­letzt wer­den. Das Recht auf Mei­nungs­frei­heit, aber auch sei­ne Ein­schrän­kung, gel­ten dabei online wie offline.

Zuletzt ist der zuläs­si­ge Umfang der Mei­nungs­frei­heit in die Dis­kus­si­on gera­ten durch den auf­grund zahl­rei­cher Vor­komm­nis­se her­vor­ge­ru­fe­nen Ein­druck, absicht­li­che Falsch­mel­dun­gen und Hass­re­de bestimm­ten oft­mals den öffent­li­chen Dis­kurs. Um die­sem Phä­no­men Herr zu wer­den, hat das Bun­des­ka­bi­nett das Netz­werk­durch­set­zungs­ge­setz (NetzDG) vor­ge­legt, das vom Deut­schen Bun­des­tag noch vor dem Som­mer ver­ab­schie­det wer­den soll. Vor die­sem Hin­ter­grund möch­ten die Unter­zeich­ner die­ser Dekla­ra­ti­on ihre Unter­stüt­zung für die fol­gen­den drei Grund­sät­ze zum Aus­druck bringen:

  • Gegen straf­recht­lich rele­van­te / rechts­wid­ri­ge Inhal­te muss effek­tiv vor­ge­gan­gen wer­den kön­nen. Und zwar mit allen gebo­te­nen und ver­hält­nis­mä­ßi­gen, dem Staat zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­teln. Dabei ist es Auf­ga­be der Jus­tiz, zu ent­schei­den, was rechts­wid­rig oder straf­bar ist und was nicht. Auch die Durch­set­zung sol­cher Ent­schei­dun­gen darf nicht an einer man­geln­den Aus­stat­tung der Jus­tiz schei­tern. Inter­net­diens­te­an­bie­tern kommt bei der Bekämp­fung rechts­wid­ri­ger Inhal­te eine wich­ti­ge Rol­le zu, indem sie die­se löschen bzw. sper­ren. Sie soll­ten jedoch nicht mit der staat­li­chen Auf­ga­be betraut wer­den, Ent­schei­dun­gen über die Recht­mä­ßig­keit von Inhal­ten zu treffen.
  • Die Mei­nungs­frei­heit ist ein kost­ba­res Gut. Sie geht so weit, dass eine Gesell­schaft auch Inhal­te aus­hal­ten muss, die nur schwer erträg­lich sind, sich aber im Rah­men der gesetz­li­chen Rege­lun­gen bewe­gen. Die Demo­kra­tie nährt sich an einem plu­ra­lis­ti­schen Meinungsbild.
  • Jede Gesetz­ge­bung soll­te sicher­stel­len, dass der Aus­gleich ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­ter Inter­es­sen her­ge­stellt wird. Die Mei­nungs­frei­heit jedes Ein­zel­nen und die Infor­ma­ti­ons­frei­heit aller darf nicht dar­un­ter lei­den, dass gegen rechts­wid­ri­ge oder straf­ba­re Inhal­te vor­ge­gan­gen wird. Gera­de bei sol­chen Inhal­ten, bei denen die Rechts­wid­rig­keit nicht, nicht schnell oder nicht sicher fest­ge­stellt wer­den kann, soll­te kein Mot­to „Im Zwei­fel löschen/sperren“ bestehen, denn ein sol­ches Vor­ge­hen hät­te kata­stro­pha­le Fol­gen für die Meinungsfreiheit.

Der vom Kabi­nett beschlos­se­ne Ent­wurf eines NetzDG stellt die­se Grund­sät­ze in Fra­ge, weil er staat­li­che Auf­ga­ben der Rechts­durch­set­zung an Pri­vat­un­ter­neh­men über­tra­gen wür­de. Die Andro­hung hoher Buß­gel­der in Ver­bin­dung mit all­zu kur­zen Reak­ti­ons­fris­ten ver­stärkt die Gefahr, dass sich Platt­form­be­trei­ber im Zwei­fel zu Las­ten der Mei­nungs­frei­heit und für die Löschung oder Sper­rung sol­cher Inhal­te ent­schei­den, die sich im Grau­be­reich befin­den. Die Prü­fung der Straf­bar­keit oder Rechts­wid­rig­keit eines Inhalts bedarf zudem regel­mä­ßig einer genau­en Betrach­tung des Kon­texts und der Inten­ti­on einer Äuße­rung. Die­se Auf­ga­be muss auch wei­ter­hin von Gerich­ten über­nom­men werden.

Wir sind der Auf­fas­sung, dass eine poli­ti­sche Gesamt­stra­te­gie not­wen­dig ist, um das Auf­kom­men von Hass­re­de und absicht­li­chen Falsch­mel­dun­gen im Netz ein­zu­däm­men. Wir erken­nen an, dass Hand­lungs­be­darf besteht, sind zugleich aber der Ansicht, dass der Gesetz­ent­wurf nicht dem Anspruch genügt, die Mei­nungs­frei­heit adäquat zu wah­ren. Im Gegen­teil, er stellt die Grund­sät­ze der Mei­nungs­frei­heit in Fra­ge. Absicht­li­che Falsch­mel­dun­gen, Hass­re­de und men­schen­feind­li­che Het­ze sind Pro­ble­me der Gesell­schaft und kön­nen daher auch nicht durch die Inter­net­diens­te­an­bie­ter allein ange­gan­gen wer­den – dafür bedarf es der Koope­ra­ti­on von Staat, Zivil­ge­sell­schaft und der Anbie­ter. Wir set­zen uns daher für eine gesamt­ge­sell­schaft­li­che Lösung ein, durch die straf­wür­di­ges Ver­hal­ten kon­se­quent ver­folgt wird, Gegen­re­de und Medi­en­kom­pe­tenz gestärkt wer­den und ein die Mei­nungs­frei­heit respek­tie­ren­der Rechts­rah­men für die Löschung oder Sper­rung rechts­wid­ri­ger Inhal­te erhal­ten bleibt.