Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat mit undifferenzierten Äußerungen zur Anonymität im Internet einmal mehr die Vorurteile bestätigt, Politiker wie er wären „Internetausdrucker“ und nicht in der Lage, die tatsächlichen Probleme des globalen Netzes zutreffend zu beschreiben, geschweige denn sachgerecht und in einer der Demokratie und Freiheit verträglichen Sinne zu lösen. So sehr ich die Kritik an den undifferenzierten Gedankengängen des Ministers teile, so sehr ärgere ich mich zugleich aber über ebenso falsche und undifferenzierte Gegenargumente. Daher ein kurzer Zwischenruf.
Umfangreiche Onlinearchive bergen weiter rechtliche Risiken
Wie schon mehrfach in der Vergangenheit in vergleichbaren Fällen hat der BGH in einem weiteren Urteil entschieden, dass eine Zeitung ihr Online-Archiv, in dem namentlich über einen Mörder berichtet wird, nicht nachträglich löschen muss. Eine neue Entscheidung des Oberlandesgericht Hamburg zur gleichgelagerten Frage weist dagegen wieder in eine andere Richtung.
Wiki-Immunity: Durchsetzbarkeit von äußerungsrechtlichen Urteilen gegen Wikipedia
Zwei aktuelle Urteile des LG Hamburg zur Verantwortlichkeit für Wikipedia-Einträge (Urteil v. 26.03.2010, Az. 325 O 321/08 und Urteil v. 02.07.2009, Az. 325 O 321/08) haben in den vergangenen Wochen erneut ein Schlaglicht auf die grundsätzliche Frage der Haftung für rechtswidrige Äußerungen Dritter geworfen, die über das bekannte Meinungsforum, die sog. „Online-Enzyklopädie“ Wikipedia, verbreitet werden. In der Praxis dürfte diese Rechtsprechung bei heutiger Rechtslage auch in Deutschland zu einer „Wiki-Immunity“ führen und einen virtuellen Raum schaffen, in dem selbst innerdeutsche Konflikte nicht mehr wirksam mit gerichtlicher Hilfe beigelegt werden können. Das weißt auf das dahinter liegende, grundsätzliche Problem hin, dass im Internet zunehmend selbst rein innerstaatliche Tatbestände ohne Bezugnahme auf ausländische Rechtsordnungen nicht gelöst werden können. Die Durchsetzbarkeit nationalen Rechts – und damit eines der wesentlichen Rechtsstaatsprinzipien – wird insoweit grundsätzlich zur Disposition gestellt. Selbst in solchen Fällen, in denen die normativen Wertungen in den USA und der Bunderepublik grundsätzlich übereinstimmen. ‑Comments Welcome!-