Wie schon mehr­fach in der Ver­gan­gen­heit in ver­gleich­ba­ren Fäl­len (u.a. BGH, Urt. v. 15.12.2009 – Az.: VI ZR 227/08) hat der BGH in einem wei­te­ren Urteil am 01.02.2011 (Az.: VI ZR 345/09) ent­schie­den, dass eine Zei­tung ihr Online-Archiv, in dem nament­lich über einen Mör­der berich­tet wird, nicht nach­träg­lich löschen muss. Eine neue Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richt Ham­burg am 15.03.2011 zur gleich­ge­la­ger­ten Fra­ge (Az.: 7 U 45/10) weist dage­gen wie­der in eine ande­re Richtung.

Das aktu­el­le BGH-Urteil gewich­tet im Rah­men einer Abwä­gung das Infor­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Öffent­lich­keit und das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung schwe­rer als das Inter­es­se des Klä­gers, nicht nament­lich genannt zu wer­den. Durch die Nen­nung und fort­lau­fen­de Ver­brei­tung (Abruf­bar­keit) des Archiv­bei­tra­ges bestehe zwar die Gefahr, dass der Klä­ger Schwie­rig­kei­ten bei sei­ner Reso­zia­li­sie­rung aus­ge­setzt sei, die­se Gefahr sei hier aber als gering einzustufen. 

Ent­ge­gen­ge­setzt ent­schied im März die­ses Jah­res in einem ähn­li­chen Fall jedoch das Ober­lan­des­ge­richt Ham­burg. Ein Mör­der darf hier im Online-Archiv der Beklag­ten nicht nament­lich genannt wer­den und eine Löschungs­pflicht für das beklag­te Medi­um wur­de damit bejaht.

Damit will das OLG aber kei­nes­falls dem BGH wider­spre­chen. Denn die­ser Fall weist nach Ansicht des Ober­lan­des­ge­richts eine Beson­der­heit auf, die zu einer ande­ren Beur­tei­lung füh­ren muss­te: Wäh­rend die Beklag­te in ihrem Online-Archiv einen Bericht über den Klä­ger aus dem Jahr 2006 zum Abruf bereit­hielt, war der Klä­ger seit dem Jahr 2008 auf Bewäh­rung aus der Haft ent­las­sen wor­den. Das führ­te nach Ansicht des Gerichts dazu, dass der Klä­ger nun tat­säch­lich ein Reso­zia­li­sie­rungs­in­ter­es­se habe, das bei wei­te­rer Nen­nung sei­nes Namens gefähr­det wer­den kön­ne. Im vor­lie­gen­den Fall über­wie­ge das Inter­es­se des Klä­gers auf Nicht­nen­nung sei­nes Namens, da er auf Bewäh­rung sei. Erschwe­rend kom­me hin­zu, dass bereits der 2006 ver­öf­fent­lich­te Bericht den Klä­ger rechts­wid­rig in sei­nen Per­sön­lich­keits­rech­ten ver­letzt habe. Die Ein­stel­lung des Berichts in das Online­ar­chiv sei damit schon damals rechts­wid­rig gewesen.

Es bleibt abzu­war­ten, ob der BGH (im Fall er damit befasst wird) erneut das Urteil des Ober­lan­des­ge­richt ver­wer­fen wird. Soweit sich aber der ursprüng­li­che Arti­kel als per­sön­lich­keits­rechts­wid­rig erweist, wäre ledig­lich bestä­tigt, dass es kei­nen Anspruch auf die Ver­brei­tung per­sön­lich­keits­rechts­wi­dir­ger Inhal­te geben kann – auch nicht in einem Archiv.